Projektergebnisse

Erfahren Sie hier mehr über erste Ergebnisse aus den Erhebungsrunden in Oldenburg

Ergebnisbericht der Erhebungsrunden in Oldenburg 

Im Rahmen des Forschungsprojekts INFRASense wurden im Zeitraum von März bis Dezember 2023 insgesamt vier Erhebungsrunden in Oldenburg durchgeführt. In diesem Ergebnisbericht werden der Ablauf der Erhebungsrunden, Informationen über die Bürgerbeteiligung und Kennzahlen aus dem BIQEmonitor, sowie neu entwickelte Features im Projekt beschrieben. Daran anschließend werden zentrale Erkenntnisse aus den erhobenen Daten vorgestellt. Abschließend erfolgt ein Ausblick auf den weiteren Verlauf des Forschungsprojekts.

Allgemeine Informationen über die Bürger:innenbeteiligung

Das INFRASense Projekt beruht auf einem breiten Bürgerbeteiligungskonzept. Im Rahmen eines sogenannten Crowdsourcing waren insgesamt 771 Teilnehmende an den vier Erhebungsrunden in Oldenburg beteiligt und haben ihre Radfahraktivitäten mit den INFRASense-Sensoren sowie der BIQEmonitor App aufgezeichnet. Bei der Auswahl der Teilnehmenden wurde versucht, den Bevölkerungsdurchschnitt zu repräsentieren und Teilnehmende aus allen Stadtgebieten sowie dem Oldenburger Umland einzubeziehen. Bei den PLZ-Gebieten der Teilnehmenden ergibt sich folgendes Bild: 14 Prozent der Teilnehmenden kommen aus dem PLZ-Gebiet 26127. Jeweils 12 Prozent lassen sich dem PLZ-Gebiet 26129 und dem Oldenburger Umland zuordnen. Je 11 Prozent gehören den PLZ-Gebieten 26121, 26131 und 26135 an. Weitere Kennzahlen lassen sich untenstehender Grafik entnehmen, vgl. Abbildung 1. In Bezug auf die Angaben zum Geschlecht der Teilnehmenden, ordnen sich 58% dem männlichen und 42% dem weiblichen Geschlecht zu. Hinsichtlich der Altersstruktur der Teilnehmenden, entfällt der größte Anteil (42%) auf die Altersgruppe der 46-65-jährigen. Danach folgt die Altersgruppe 29-45 mit 32%. 15% der Teilnehmenden gehören der Altersgruppe der 18-28-jährigen an und 10% entfallen auf 66-79-jährige Personen, vgl. Abbildung 2.

Abbildung 1: Angaben zum PLZ-Gebiet der Teilnehmenden mit n=771


Abbildung 2: Altersstruktur der Teilnehmenden mit n=771


  Kennzahlen aus dem BIQEmonitor

Insgesamt konnten mehr als 44.000 Fahrten im Rahmen der Erhebungsrunden erfolgreich erfasst und verarbeitet werden, welche im BIQEmonitor zusammengefasst und visualisiert wurden, vgl. Abbildung 3. Die gefahrenen Strecken umfassen mehr als 164.000 mit dem Rad erfasste Kilometer, die erfolgreich verarbeitet werden konnten. Einige Fahrten konnten aufgrund z.B. unzureichendem GPS-Signal nicht verwertet werden und wurden hier nicht mit einbezogen. 

Zusammengerechnet liegt die Fahrtdauer der erfassten Strecken bei über 392 Tagen. Der Anteil der mit Fahrradsensoren erfassten Fahrten liegt bei 92 %. Nur 8% aller erfassten Fahrten wurden mithilfe des Smartphones und der App BIQEmonitor erfasst.    

Im Durchschnitt wurden pro Teilnehmer:in 74 Fahrten, 295 mit dem Fahrrad erfassten Kilometer und 62.246 Datenpunkte erfasst. Knapp die Hälfte aller Fahrten wurden mit einem Trekking-Rad vorgenommen. Das Trekking-Rad war somit der am häufigsten genutzte Fahrradtyp unter den Oldenburger Teilnehmenden. Darüber hinaus zählen Stadträder (207 Nutzer:innen), Pedelecs (143 Nutzer:innen), Hollandräder (59 Nutzer:innen) sowie Lastenräder (58 Nutzer:innen) zu den am häufigsten genutzten Fahrradtypen.   

   

   


Abbildung 3: Heatmap der Anzahl an ausgewerteten Durchfahrten in Oldenburg
>44.000
erfolgreich verarbeitete Fahrten
 >164.000
mit dem Rad erfasste Kilometer
92%
aller Fahrten wurden mit dem INFRASense-Fahrradsensor erfasst
8%
aller Fahrten wurden mit dem Smartphone als Sensor erfasst

Neu entwickelte Features    

Im Laufe der Erhebungsrunden wurde die Technik stets weiterentwickelt und neue Funktionen im BIQEmonitor ergänzt. 

Zu diesen neu entwickelten Funktionen zählt auch das freie Nutzerfeedback anhand der Kommentarfunktion im BIQEmonitor sowie das strukturierte NutzerfeedbackZur Verbesserung der automatisierten Datenauswertung, können mittels Nutzerbewertungen ausgewählte Streckenabschnitte anhand folgender Kriterien subjektiv bewertet werden: Gesamtqualität, Oberflächenbeschaffenheit, Störungen, Verkehrssicherheit sowie Zeitverlust/Wartezeiten.    

Weiterhin wurde im BIQEMonitor eine Verknüpfung mit dem Oldenburger Mängelmelder (Stadtverbesserer) integriert. Über diesen können festgestellte Mängel aller Art im Stadtbild direkt an die Stadtverwaltung zurückgemeldet werden.    

Um als Teilnehmende eine verbesserte Einsicht in eigenen Fahrten zu erlangen, ist außerdem die Funktion der persönlichen Statistiken sowie der Vergleich mit anderen High-Score Listen entwickelt worden.    

Zentrale Erkenntnisse aus den Daten der Erhebungsrunden    

Die gesammelten Fahrraddaten wurden im BIQEmonitor automatisch ausgewertet und als aggregierte Daten, also die Summe aller in den Erhebungsrunden erfassten Fahrraddaten, visualisiert. Diese Übersichtskarten im BIQEmonitor sind für die Öffentlichkeit unter www.biqemonitor.de mit diversen Kennzahlen, wie den Erschütterungen, Zeitverlusten, Geschwindigkeiten, Anomalien, etc. verfügbar.    

Abbildung 4: Erschütterungen im Stadtgebiet

Abbildung 4: Erschütterungen im Stadtgebiet 

Diese Visualisierungen der erfassten Sensordaten können als Basis für weitere Analysen genutzt werden. So lassen sich beispielsweise relativ einfach Radwegabschnitte identifizieren, die aufgrund von starken Erschütterungen wenig Fahrkomfort versprechen. Ein sehr markantes Beispiel sind die Radwege an der Stedinger Str. sowie der Holler Landstr. von der Nordstr. bis kurz vor IKEA. In den nachfolgenden Abbildung 5 und 6 sind die erfassten Erschütterungen farblich kodiert dargestellt (grün = gut, gelb = mittel, rot = schlecht). Im östlichen Abschnitt wurden dabei auch vermehrt Anomalien, also Störungen wie etwa Schlaglöcher oder Wurzelaufbrüche erkannt.   

       Abbildung 5: Erschütterungsgrad Stedinger Str. und Holler Landstr.  

Abbildung 5: Erschütterungsgrad Stedinger Str. und Holler Landstr. 

    Abbildung 6: Anomalien an Holler Landstr.

Abbildung 6: Anomalien an Holler Landstr. 

Ebenfalls auffällig ist der parallel zum Küstenkanal verlaufende Radweg am Westfalendamm auf der Höhe des Sportparks Eversten. Auch hier wurden nicht nur viele Erschütterungen erfasst, sondern es wurden auch viele Anomalien verzeichnet, vgl. Abbildung 7. 

         Abbildung 7: Anomalien am Westfalendamm  

Abbildung 7: Anomalien am Westfalendamm 

Weitere Auffälligkeiten bzgl. starker Erschütterungen finden sich am Wildenlohsdamm, an der Bloherfelder Str. am Stadtrand sowie an der Jägerstr. im Ziegelhofviertel. Die häufig bemängelten Radwege an der Alexander- sowie Nadorster Str. wurden anhand der automatisierten Auswertung der Sensordaten als mittelmäßig bzgl. Erschütterungen im BIQEmonitor eingestuft und entsprechen somit dem Durchschnitt der Oldenburger Radwege, welche ebenfalls als mittelmäßig bewertet wurden. Die Ausnahmen bilden hier Einzelabschnitte wie jene zwischen Brookweg und Liegnitzer Str. mit deutlich mehr Erschütterungen oder den Abschnitten auf der Alexanderstr. in Friedhofnähe, welche viele erkannte Anomalien aufweist, vgl. Abbildung 8. Insgesamt konnte bezüglich der Oberflächenbeschaffenheit der Oldenburger Radwege aus den Sensordaten festgestellt werden, dass diese – häufig bedingt durch die überwiegende Pflasterung mit Betonpflastersteinen – einen mittleren bis hohen Erschütterungsgrad aufweisen. Grün markierte Abschnitte mit einem niedrigen Erschütterungsgrad finden sich vor allem auf Strecken, bei denen die Radfahrenden auf der Straße fahren, wie dieses beispielsweise an der Auguststraße der Fall ist. 

 Abbildung 8: Anomalien Alexanderstr.

Abbildung 8: Anomalien Alexanderstr. 

Zeitverluste häufen sich naturgemäß an den Knotenpunkten, insbesondere wenn man an den Lichtsignalanlagen warten muss. Ein Negativbeispiel ist hier die Kreuzung an der Autobahnauffahrt Eversten, bei der Radfahrer im Durchschnitt mehr als 30s warten müssen. In Abbildung 7 ist ein Auszug einer Knotenpunktanalyse für alle Durchfahrten aus östlicher Richtung. Insbesondere als Linksabbieger in die Hundsmühler Str. hat man hier lange Wartezeiten und damit hohe Zeitverluste. 

  Abbildung 9: Beispiel einer Knotenpunktanalyse   
Abbildung 9: Beispiel einer Knotenpunktanalyse  

Solche Analysen der Zeitverluste lassen sich inzwischen live auf BIQEmonitor.de für beliebige Knotenpunkte berechnen – setzen allerdings für aussagekräftige Ergebnisse voraus, dass genügend Fahrten durch den Knotenpunkt durchgeführt wurden. 

Zukünftig soll als weitere Funktion noch die Möglichkeit einer Betrachtung des zeitlichen Verlaufs der Kennzahlen geschaffen werden. Damit können Verschlechterungen der Fahrqualität für Streckenabschnitte untersucht werden, um z.B. automatisiert über entstandene Absackungen zu informieren. Ansonsten liegt ein Ziel des letzten Projektjahres in der Bereitstellung der verarbeiteten Sensordaten zur weiteren Nutzung an unsere assoziierten Projektpartner der Stadt Oldenburg. Dazu stehen wir im direkten Austausch mit den relevanten Fachbereichen. 

Bewertung der Verkehrsqualität   

Das Forschungsprojekt INFRASense verfolgte als wesentliches Ziel, Abschnitte im Radverkehrsnetz zu identifizieren, an denen Handlungsbedarf besteht. Daher wurde die automatisierte Bewertung im BIQEmonitor an den in der Verkehrsplanung üblichen Qualitätsstufen orientiert. 

Ziel ist es, eine Gesamtbewertung ganzer Streckenabschnitte und Knotenpunkte zu schaffen. 

An der finalen Bewertung der Streckenabschnitte wird noch gearbeitet, da hier die Aspekte Erschütterung, Zeitverlust und Störungen (Anomalien) zu einer Gesamtbewertung zusammengeführt werden sollen. Knotenpunkte können bereits heute hinsichtlich der Zeitverluste analysiert und bewertet werden. Die Knotenpunktbewertung orientiert sich hierbei an den für den in der Verkehrsplanung üblichen Einstufungen und reicht von „A (sehr gut)“ bis F (unzureichend)“. Bei diesem Vorgehen wäre das oben genannte Beispiel Hundsmühler Straße (vgl. Abbildung 7) noch „D (ausreichend)“ da beim Kfz-Verkehr die Wartezeit des schlechtesten Verkehrsstroms gewertet wird. Nimmt man den Zeitverlust als Maßstab so ist der gleiche Knotenpunkt in der Qualitätsstufe „E (mangelhaft)“. Der Zeitverlust ist für den Radverkehr die relevantere Größe. Dies zeigen auch die Ergebnisse der Oldenburger Verkehrsknotenpunkte insgesamt. Auf den ersten Blick sind die Wartezeiten gering, da die meisten Radfahrenden im Zuge der Hauptverkehrsstraßen unterwegs sind, wo die Grünphasen lang und die Wartezeiten bzw. Zeitverluste entsprechend kurz sind. Die hohen Verlustzeiten treten immer dann auf, wenn die Radfahrenden mehr als einmal vor Rot warten müssen. Dies trifft zu, wenn:     

  • Links abgebogen wird   

  • die Radfahrenden im Nebennetz unterwegs sind und Hauptverkehrsstraßen überqueren müssen   

  • Der Knoten zweimaliges Halten erfordert, z.B. auf dem Mittelsteifen.    

Diese Fahrbeziehungen weisen überwiegend unzureichende Verkehrsqualitäten auf. Die Darstellung, wie sie heute im BiQEmonitor zu sehen ist, bildet diese problematischen Fahrbeziehungen nicht ab, da sie noch auf der mittleren Wartezeit aller Radfahrenden basiert. Entsprechend ist eine Aktualisierung der Darstellung der Zeitverluste geplant, welche die Knotenpunkte nach der Fahrbeziehung mit der schlechtesten Verkehrsqualität bewertet und entsprechend darstellt. Dadurch wird sich ein differenzierteres Bild ergeben, welches die Problembereiche besser erkennen lässt.   

Ausblick - Nach der Erhebungsrunde ist vor der Erhebungsrunde   

Nach dem erfolgreichen Abschluss der Erhebungsrunden in Oldenburg laufen die Vorbereitungen für eine weitere Erhebungsrunde in Osnabrück im Frühjahr 2024 bereits auf Hochtouren. Im Zeitraum vom 3. April 2024 bis 12. Juni 2024 wird dort eine weitere Erhebungsrunde stattfinden. Über einen Zeitraum von zehn Wochen werden in Osnabrück Fahrraddaten gesammelt, um zum einen Aussagen über den Zustand der Osnabrücker Radwege zu ermöglichen. Zum anderen dient die Erhebung in Osnabrück als Anwendungsfall für die Übertragbarkeit der Ergebnisse und zur Evaluation der in INFRASense entwickelten Softwarelösung hinsichtlich seiner Praxistauglichkeit.  Die Registrierung für die Teilnahme ist bereits freigeschaltet und bis zum 20.03.2024 möglich. Dank der Umstellung der BIQEmonitor App von einer Beta-Testversion auf eine 1.0 Version, ist die App fortan für alle frei auffindbar und verfügbar. Wir blicken einer regen Teilnahme zuversichtlich entgegen!   

Nach dem Abschluss der Erhebungsrunde in Osnabrück, ist anschließend im Rahmen einer geplanten Abschlussveranstaltung zum Forschungsprojekt INFRASense eine umfangreiche Ergebnispräsentation und Diskussion geplant. Die Veranstaltung wird voraussichtlich im Herbst 2024 stattfinden. Nähere Infos hierzu werden rechtzeitig bekanntgegeben.